Abstract

Enzyme spielen heutzutage in verschiedensten Zweigen der Industrie eine immense Rolle. Um möglichst effizient zu produzieren ist es besonders wichtig, dass sämtliche Fermentationsprozesse exakt auf sie angepasst werden, was oftmals hohe Temperaturen notwendig macht. Das ist auch bei dem von uns ausgewählten Enzym, der α-Amylase, der Fall. Sie spaltet Stärke zu Glukose und kommt z.B. natürlicherweise im Speichel aller Lebewesen vor. Da der entstehende Zucker zu Alkohol vergärt werden kann, spielt sie in der Ethanolproduktion (Bio-Treibstoff) eine große Rolle. Das Arbeitsoptimum der zur Zeit kommerziell erhältlichen, in der Industrie verwendeten Amylase liegt zwischen 82 und 86°C. In Österreich verarbeitet alleine das größte Bioethanolwerk schon ca. 400.000t stärkehaltige Rohstoffe pro Jahr, was bedeutet, dass die gesamte Masse an Mais, Weizen, etc.

auf diese hohen Temperaturen aufgeheizt und dort über Stunden gehalten werden muss. Würde es gelingen, eine Amylase zu kreieren, die womöglich schon bei geringeren Temperaturen - und wenn es sich auch nur um wenige Grad Celsius handeln würde - ihre volle Leistung erbringt, hätte man dadurch viel CO2 gespart. Nimmt man den Gesamtdurchsatz pro Jahr von nur zwei österreichischen stärkeverarbeitenden Betrieben, sind es vorsichtig berechnet 50 Terajoule an Energieersparnis, was dem Jahresstromverbrauch von 3000 österreichischen Durchschnittshaushalten entspricht.

Die Synthetische Biologie, eine neu aufstrebende Wissenschaft, macht nun die strukturelle Veränderung von Enzymen möglich. Tauscht man eine oder mehrere der kanonischen Aminosäuren aus (das sind jene 20 Sorten, welche das Leben verwendet) und ersetzt diese durch synthetische Aminosäuren, so können Eiweiße mit völlig neuen Eigenschaften geschaffen werden. Um einen Organismus dazu zu bringen, nicht-kanonische Aminosäuren in seinen Stoffwechsel miteinzubeziehen, ist in den meisten Fällen eine Umprogrammierung des genetischen Codes, dem Übersetzungsschlüssel für die Proteinsynthese, notwendig.

Die Technik dieses Teilbereiches der Synthetischen Biologie wurde in dem Schulprojekt "Synthetische Biologie am Prüfstand der Schule" von zwei WissenschaftlerInnen des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried den SchülerInnen beigebracht. Im Rahmen dieses Projektes kam den SchülerInnen die Idee, eine synthetische Amylase zu produzieren. Dr. Nediljko Budisa berichtete in einem Vortrag an der HLFS Ursprung, mit Hilfe der Methoden der SynBio bereits eine Lipase (= ein Enzym, dass in der Fettverdauung eine wichtige Rolle spielt) optimiert zu haben, die nun tatsächlich schon bei geringeren Temperaturen eine bedeutend bessere Leistung erbringt, als die in der Industrie verwendete natürliche.

In wissenschaftlichen Papers aus dem Jahre 1958 des Japaners Yoshida lasen wir, dass das harmlose Bakterium Bacillus subtilis die nicht-kanonische Aminosäure Ethionin einbauen kann, wenn das natürliche, strukturell sehr ähnliche Methionin zur Gänze im Nährmedium fehlt. Yoshida hat sein Experiment jedoch unter völlig anderen Zielsetzungen durchgeführt. Er wollte Details zur Proteinbiosynthese verstehen, da zu dieser Zeit natürlich der Stand des Wissens auf diesem Gebiet noch weit von dem heutigen entfernt war. Es ließ sich jedoch aus seinen Beobachtungen schließen, dass Bacillus subtilis für die Produktion einer synthetischen Amylase geeignet sein müsste.

Und tatsächlich gelang es den SchülerInnen, in Eigenregie eine funktionstüchtige Amylase mit den synthetischen Aminosäuren Ethionin und - und das ist nun weltweit einmalig! - Norleucin herzustellen. Selbst die beiden WissenschaftlerInnen des Max-Planck-Instituts staunten, als sie das Ergebnis am Massenspektrometer verifizierten.

Die Amylase 2.0 der SchülerInnen arbeitete, baute wie ihr natürliches Pendant Stärke ab. Vorversuche ließen erahnen, dass sie aktiver ist und also besser arbeitet als das natürliche Modell.

Weitere Tests und Untersuchungen sind allerdings noch nötig: Bei welchen Temperaturen hat sie ihr Optimum? Kann sie autoklaviert werden, ist sie hitzestabil? "Lebt" sie länger als die kommerzielle Amylase? Und vieles mehr ...Dies wird nun am Max-Planck-Insitut weiter erforscht. Die innovativen Vorabeiten der SchülerInnen wurden nun von den ExpertInnen aufgegriffen und weitergeführt. In der anstehenden Publikation werden die SchülerInnen Co-AutorInnen sein, auf gleicher Augenhöhe wie die WissenschaftlerInnen.

Die jungen ForscherInnen zeigten, dass man den Bauplan von Enzymen gezielt verändern kann und Enzym-Evolution sogar im Schullabor möglich ist.

Welche Chancen ergeben sich noch?

Pimp my Enzymes!