Dr. Kurmayer suchte für uns nach eingehender gemeinsamer Literaturrecherche und anhand seiner Forschungsergebnisse 11 Cyanobakterienstämme aus, die erstens ungiftig waren (eine wesentliche Voraussetzung für die spätere Verwendung) und seiner Meinung nach das Potential hatten, schnell genug zu wachsen und somit viel Trockenmasse zu produzieren und möglicherweise viel Luftstickstoff zu binden.

Diese Vermutungen mussten nun bewiesen werden. Das Ziel der ersten Messreihe bestand also im Aussortieren der ungeeigneten Stämme.

1. Messreihe - Vorselektion

Messzeiträume:

11.12.2008 - 15.01.2009 E,K
18.12.2008 - 15.01.2009 F,G
02.01.2008 - 08.01.2009 I
24.12.2008 - 15.01.2009 A,H
24.12.2008 - 08.01.2009 B
24.12.2008 - 19.02.2009 J,D,C

Die Großbuchstaben waren unser Kurzcode auf den Zellkulturflaschen. In den unten angeführten Tabellen finden Sie den jeweiligen Namen des Stammes mit seiner Codierung von der "Pasteur Culture Collection of Cyanobacteria" (Paris) bzw. vom Institut für Limnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Mondsee).

Das Wachstum der Zellkulturen wurde 2 Mal pro Woche mit Photometermessungen beobachtet. Zusätzlich bestimmten wir einmal pro Woche die Trockenmasse. Die Zahl der Fäden und der aus ihnen bestehenden Bakterien sowie der Anteil der Heterozysten wurde am Ende der Messreihe durch Auszählen mit der Thoma-Zählkammer unter dem Mikroskop bestimmt. Jede Woche froren wir eine Probe von 1ml pro Stamm ein, die später zur Stickstoffanalyse herangezogen wurde. Wir vertrauten vorerst darauf, dass die Trockenmassebildung in direktem Zusammenhang mit der Stickstofffixierung stehe. Später überprüften wir diese Annahme.

Schwierigkeiten und deren Behebung:

Die Beleuchtungstechnik in den Regalen war noch

herangezüchtet, ab einem Extinktionswert von 0,1 -0,2 wurden die Versuchskulturen auf intensivere Beleuchtung (bis zu 200µmolm-2s-1) umgestellt. Durch die Reduzierung der in Frage kommenden Stämme wurde auch die Laborarbeit verkürzt. Außerdem verwendeten wir eine exakte Zeitschaltuhr, wodurch die Nacht simuliert wurde (16 h Tag; 8 h Nacht).

Einschränkung:

Eine weitere Erhöhung der Wachstumsrate durch die Erhöhung des CO2 Gehaltes im Substrat war aus Kostengründen nicht möglich. Da aber der Röhrenreaktor der HTL Braunau durch Einperlen der Luft versorgt wird, ist dort eine höhere CO2-Konzentration sicher, weil sich CO2 in Wasser besser löst als Stickstoff.

Es wurde zusätzlich von jedem Stamm eine Extra-Kultur mit dem Scherznamen „Bis zum bitteren Ende“ angelegt (im Code mit Doppelbuchstaben gekennzeichnet). Mit Hilfe dieser Kulturen sollte festgestellt werden, wie viel organische Substanz maximal gebildet wird, bevor die Algen ihr Wachstum einstellen und in eine Ruhephase gehen oder sterben. Grund für den Wachstumsstopp kann einerseits der Lichtmangel sein, der entsteht, wenn die Bakteriendichte so hoch ist, dass nur mehr die äußerste Schicht genügend Licht zu Verfügung hat. Andererseits sind die Nährstoffe (besonders Phosphor) in der Lösung nur begrenzt vorhanden. Mit diesem Versuch konnte gezeigt werden, welche Bakterien im Nährmedium die größte Dichte erreichen können. Hatten die Bakterien ihr Wachstum eingestellt, wurde die endgültige Trockenmasse bestimmt. Von diesem Versuch erhofften wir uns, den idealen Erntezeitpunkt zu finden, also jene Konzentration, bei der die Cyanobakterien am besten wachsen. Dadurch wollten wir die maximale Ausbeute bei optimaler Algendichte gewährleisten können.

In der nachfolgenden Tabelle finden Sie die Endergebnisse unserer 2. Messreihe. Die 5 favorisierten Stämme aus der 1. Messreihe wurden basierend auf ihren Extinktionswerten absteigend sortiert. Die Werte für Temperatur und µEinstein sind gemittelte Werte. Die Extinktionswerte, Trockenmassegehalte und der

nicht ausgereift, so dass es zu sehr unterschiedlichen Lichtintensitäten bei den einzelnen Zellkulturflaschen kam. Zusätzlich passierte uns ein Fehler mit der Zeitschaltuhr, die Tag und Nacht simulieren sollte. Wir bemerkten dies

erst am Ende der 1. Messreihe. Weil das Licht einer der wichtigsten Faktoren ist, kann es sein, dass dadurch die Ergebnisse der ersten Messreihe beeinflusst worden sind. Das Ziel dieser Messreihe war jedoch nur die Selektion der verschiedenen Cyanobakterienstämme. Da die Bedingungen für alle Stämme gleich waren, konnten wir trotzdem die wachstumsstärksten Blaualgenarten bestimmen.

In einem Bioreaktor wären die Bakterien in ständiger Bewegung, was zu einer homogenen Verteilung und besserer Lichtversorgung führen würde. Durch tägliches Schütteln aller Zellkulturflaschen versuchten wir, dies annähernd zu simulieren. Einen Schüttelapparat für derartig viele Zellkulturflaschen konnten wir uns finanziell nicht leisten.

Cyanobakterien verringern ihren Stoffwechsel, wenn sich ihre Umweltbedingungen (Temperatur, Lichtverhältnisse, Nährstoffe) verschlechtern. Durch diese Eigenschaft können Blaualgen gut bei wenig Licht gelagert werden. Verbessern sich die Lebensbedingungen, beginnen sie wieder mit voller Leistung zu wachsen und sich zu vermehren. Beim Start der 1. Messreihe befanden sich alle Stämme in dieser Ruhephase. Einige Stämme begannen früher mit ihrem exponentiellen Wachstum, andere später, wodurch es zu einer Zeitverzö gerung in der ersten Messreihe kam.

Das Problem bei der Reinstickstoffbestimmung wird bei der Messreihe 2 beschrieben.

Ergebnisse:

In der nachfolgenden Tabelle werden die 11 Stämme aus der 1. Messreihe verglichen und absteigend nach den Extinktionswerten gereiht.

Gesamt-Stickstoffgehalt sind die Endwerte. Die Bakterien wurden bei einer mittleren Temperatur von 26,5°C gehalten. Die gesamte 2. Messreihe wurde unter einer Lichtintensität von ca. 200µmolm-²s-1 durchgeführt, um eine höhere Trockenmasse zu erzielen. Auffallend ist in dieser Tabelle auch, dass hohe Extinktionswerte nicht mit hohen Trockenmassegehalten zu verbinden sind. Interessant ist weiters, dass teilweise bei diesem extremen Licht die Stickstoffproduktion nachgelassen hat.

Schwierigkeiten und deren Behebung:

Voller Erwartung fuhren wir mit 117 Proben aus der Messreihe 1 und 2 zur FH Wels, um den aboluten Reinstickstoff mit dem "Dumatherm Nitrogen/Protein Analyser" zu bestimmen. Da unsere Proben zum größten Teil aus Wasser bestanden, musste dieses erst gebunden und die Proben passend für das Gerät aufbereitet werden. Dieses Bindemittel für das Wasser hatte aber den Nachteil, dass der Reststoffbecher im Gerät viel öfter gewechselt werden musste als gedacht. Einmal wurde zwischen 2 solcher Wartungen leider vergessen, den Probenkarusseldeckel anzubringen. Somit sind die Messungen von 43 Proben als falsch zu betrachten, weil Luft, die ja bekanntlich fast zu 80% aus Stickstoff besteht, vom Dumatherm mit angesaugt wurde. Stämme von dieser Messung, von denen wir noch genug eingefrorenes Material aufbewahrt hatten, schickten wir zur Stickstoffbestimmung an die Östereichische Agentur für Gesundheit und Ernährungs GmbH, die ebenfalls von der Projektidee begeistert waren und gerne half.

Die Zellkulturflaschen standen ganz dicht an der Lichtquelle. Somit war kaum Platz für den Lichtmesssensor des LI-250A. Wenn dieser in unterschiedlichen Winkeln gehalten wurde, ergab sich jeweils eine andere Lichtmenge. Wir maßen dann den Lichttunnel einmal ohne Zellkulturflaschen sorgfältig aus und bestätigten den Messbereich von 170-230µmolm-²s-1.

Ergebnisse:
siehe Tabelle

3. Messreihe - Sedimentationsversuch

Weil wir beobachteten, dass einige der Cyanobakterien stark dazu neigten, sich abzusetzen, mussten wir die Versuchskulturen

jeden Tag schütteln, um eine homogene Lösung zu gewährleisten. Denn auch in einem Algen-Röhren-Reaktor wären die Blaualgen in ständiger Bewegung, wodurch ein Absetzen der Algen verhindert würde. Doch zum Ende der 2.Messreihe stellte sich heraus, dass die vorerst von uns erhoffte Trocken-

Die Parameter für die Umweltbedingungen, d.h. mittlere Temperatur und mittlere Lichtintensität, geben die Lebensbedingungen der Bakterien an. Die Ergebnisse werden in den Extinktionswerten, Trockenmassegehältern und dem gesamten Stickstoffgehalt angegeben, wobei diese Angaben immer den zuletzt gemessenen Werten entsprechen. Die Extinktionswerte, die mit * markiert sind, sind zu niedrig, weil durch die extreme Ausflockung die Bakteriendichte vom Photometer nicht mehr korrekt erfasst werden konnte. Einmal trifft der dünne Lichtstrahl des Photometers einen Bakterienklumpen, einmal nicht - sein Ergebnis ist also nicht besonders aussagekräftig.

masseproduktion nicht erreicht werden konnte, da die Bakterien nicht stark genug wuchsen. Da kamen wir auf die Idee, die bis zu diesem Zeitpunkt als Nachteil gesehene Eigenschaft der starken Sedimentation zu unseren Gunsten zu nutzen. Wir ließen nach dem Schütteln einige Versuchskulturen wenige Stunden lang stehen, bis sich die Bakterien völlig abgesetzt hatten. Dann pippetierten wir einige ml der Ablagerung und des Überschusses ab und führten damit jeweils eine Photometermessung und eine Trockenmassebestimmung durch. Dabei stellten wir fest, dass in der Ablagerung ein über 10 Mal größeres Trockenmassegewicht erreicht werden kann als in der homogenen Algenlösung.

Die rot markierten Stämme wurden in die 2. Messreihe aufgenommen mit dem Ziel, die Trockenmasse - produktion durch erhöhte Lichtgaben zu vervielfachen. Bei den Stämmen E und F zeigt sich ein höherer Stickstoff- als Trockenmassegehalt.

Das könnte sich dadurch erklären lassen, dass abgestorbene, womöglich von anderen Bakterien im Substrat verdaute Cyanobakterien von unserem Filter nicht erfasst wurden, oder aber dadurch, dass der Stamm auch Stickstoff ins Substrat abgibt. Diesem Umstand sollte jedenfalls nachgegangen werden.

D, C und J wurden länger beobachtet, da sie das exponentielle Wachstum erst später erreichten, einheimische Stämme sind und somit für die Düngung problemloser verwendet werden könnten. Durch ihre Neigung zum Flocken und zum Verklumpen waren keine aussgekräftigen Extinktionsmessungen möglich, was sich jedoch nicht auf die Trockenmasse- und Stickstoffproduktion auswirkt.

2. Messreihe - Steigerung der Erntemenge

Messzeiträume:

22.01.2009 - 19.02.2009 G
15.01.2009 - 19.02.2009 E
19.01.2009 - 19.02.2009 F, H, K
15.12.2008 - 19.02.2009 EE, FF, KK
29.01.2009 - 19.02.2009 HH

Wir beschränkten uns auf die 5 Favoriten, bei denen wir wieder Lichtstärke, Extinktion sowie Trockenmasse regelmäßig bestimmten und Proben für die spätere Sticksstoffbestimmung einfroren. Ziel dieser Messreihe war eine gravierende Steigerung der Trockenmasseproduktion.

Verbesserungen:

Die Lichtintensität wurde optimiert: Die Bakterien wurden unter zwei Lichtintensitäten gehalten: Anfangs wurden die Cyanobakterien unter Anwachsbedingungen (40µmolm-2s-1)

4. Messreihe - einheimische Cyanobakterien

An den Ergebnissen der 1. Messreihe kann man erkennen, dass der Stamm D Nostoc zu den besten bezüglich Reinstickstoffkonzentration gehört. Weil er noch dazu in heimischen Böden von Natur aus vorkommt, wäre er ideal zur Ausbringung auf die Felder. Effektive Mikroorganismen werden speziell bei Biobauern mit steigender Beliebheit auch zur Bodenstärkung eingesetzt. Vielleicht wäre da gerade dieser Stamm besonders interessant.

Es zeigte sich, dass Nostoc sp. (D) ein ähnliches Potential hat, wie die "Siegerstämme" aus den anfänglichen Messreihen und er zu Unrecht aussortiert wurde. (Aussortiert wurde er ja anfänglich, weil er aufgrund seiner Neigung zu Verklumpung nicht homogen für die Photometermessung gemischt werden konnte und somit die Wachstumsrate nicht genau bestimmt werden konnte)

Wir konnten zeigen, dass Nostoc sp. (D) genauso über 1kg /m3 Trockenmasse und Reinstickstoffgehalte von 300g/m3 schafft.

5. Messreihe - Luft und CO2-Einperlung

Wir nahmen an, dass das Wachstum der Cyanobakterien in einem Algenröhrenreaktor durch die Lufteinperlung beschleunigt wird, da CO2 in Wasser sehr gut löslich ist. Unsere Hypothese war, dass die Blaualgen durch die erhöhte CO2-Kontentration zu vermehrten Wachstum angeregt werden. Natürlich muss auch genügend Stickstoff zur Verfügung stehen, dieser ist zu ca. 78 % in der eingeblasenen Luft enthalten. Zusätzlich können sich die Bakterien nicht mehr so leicht am Boden oder an der Wand absetzen, da das Substrat durch die Luft ständig in Bewegung ist. Dies musste jedoch auch bewiesen werden. Darum starteten wir eine Versuchsreihe, in der wir das Wachstum mit Luft- und CO2-Zugabe verglichen. Die Luft wurde mit einer herkömmlichen Aquariumpumpe über einen Schlauch eingeblasen. Vor der Pumpe wurde ein Sterilfilter angebracht, um zu verhindern, dass andere Mikroorganismen in die Kulturflasche gelangen. CO2 wurde mit einer CO2-Düngungsanlage für Aquarien zugeführt. Wir starteten den Versuch aufgrund der guten Ergebnisse aus der 4. Messreihe mit dem Stamm Nostoc sp. (D). Schon nach kurzer Zeit war schon rein optisch erkennbar, dass die Bakterien mit der Luft- und CO2-Zufuhr eindeutig schneller wuchsen. Der Versuch dauerte 33 Tage. Die Ergebnisse zeigen, dass die Trockenmasseproduktion mit vermehrter CO2 –Gabe ordentlich ansteigt. Erstaunlicherweise steigt die Stickstoffbindung nicht mit gleichem Ausmaß an. Vermutlich sparen Cyanobakterien die Nitrogenaseerzeugung ein, wenn genügend Stickstoff im Substrat verfügbar ist.