Vorbereitungen -
Versuchsaufbau

[Vorbereitungen - Versuchsaufbau]

Wir hatten zu Beginn unseres Projektes 11 verschiedene Cyanobakterienstämme vom Institut für Limnologie in Mondsee. Dr. Rainer Kurmayer forscht intensiv mit den Blaualgen und stellte uns aus seiner Sammlung - bzw. aus der Sammlung "Pasteur Culture Cellection of Cyanobacteria" in Paris - die wenigen ungiftigen zur Verfügung. Wir wollten nun daraus die drei für unsere Zwecke am besten geeigneten Stämme finden. Unsere Auswahlkriterien waren eine sehr schnelle Trockenmassezunahme, eine hohe Nitrifikation und dass die Cyanobakterien nicht verklumpten. Viele der Baktieren kumulieren nämlich, wenn sie in hoher Dichte im Substrat sind. (Dies wäre zum Beispiel problematisch bei der Anwendung unseres Verfahrens in jenem Röhrenreaktor, den die HTL Braunau entwarf: Er hätte verstopfen können.)

Wir züchteten unsere Bakterien in sogenannten (sterilen) Zellkulturflaschen mit Filtercaps, damit ein Luftaustausch mit der Umgebung möglich war. Diese Filter lassen den benötigten Sauerstoff und vor allem auch den für uns wertvollen Stickstoff der Luft durch, halten aber Bakterien oder andere Mikroorganismen außen vor. Das war wichtig, damit sich in den Flaschen auch wirklich nur die Cyanobakterien vermehrten und nicht irgendwelche eingeschleppten Fremdorganismen. Die Methode nennt sich "Batchkultur". Die Sterilität musste auch schon bei der Herstellung der Nährlösung gewährleistet sein. Nach dem Mischen der Nährlösung (BG11 no N) musste diese autoklaviert werden und anschließend mit steril gefilterter 1-molarer Salzsäure auf den pH-Wert von 7,4 eingestellt werden. Sämtliche Gefäße und Werkzeuge mussten steril sein, jede Messung erfolgte in der Reinraumbank unter äußerst hygienischen Bedingungen.

Rezept für die Nährlösung:

Man stellt 8 Stocklösungen her, von denen dann je 1ml für 1 Liter Nährlösung benötigt wird. Man verd ünnt also 8ml Stocklösungengemisch mit 992ml destilliertem Wasser. Das Nährmedium war natürlich frei von Stickstoff. (Die winzige Menge, die mit der Spurenelementgabe einhergeht, kann man vernachlässigen.)

Ein ordentliches Beschriftungssystem und ein pingelig exaktes Laborbuch, in dem jeder Arbeitsschritt genauestens notiert wurde, waren das Um und Auf. Damit jeder zu jeder Zeit die Ergebnisse und Analyseschritte verfolgen konnte, dokumentierten wir alles online in unserem Wiki-System.

Doch wie misst man das Wachstum von Einzellern?
Mit steigender Zellzahl sinkt die Lichtdurchlässigkeit in der Nährlösung. Darum war für uns das Photometer das ideale Gerät zum Messen des Wachstums. Ein Photometer sendet einen genormten Lichtstrahl durch die zu messende Flüssigkeit. Durch die Trübung der Probe wird der Lichtstrahl geschwächt. Diese Schwächung wird vom Gerät erfasst und in einen sogenannten Extinktionswert umgerechnet. Bei der von uns verwendeten Einstellung arbeiteten wir mit einer Wellenlänge von 820nm. Die Trockenmasse bestimmten wir, indem wir 100ml der Kultur mit einer Vakuumpumpe durch einen vorher gewogenen (Genauigkeit 0,0001g) Glasfaserfilter saugten. Den Filter mit dem Rückstand mussten wir nun im Trockenschrank bei 70°-90° komplett trocknen. Danach wurde er noch einmal gewogen und der Massenunterschied berechnet, der nun der Trockenmassee der Bakterien pro 100 ml entsprach. Um die Stickstoffgewinnung messen zu können benötigten wir Hilfe, weil wir mit mikroskopischen Zählkammern nur die Anzahl der Heterozysten (Stickstoff bindende Zellen) erheben konnten. Aus diesem Grund war es uns vorerst nur indirekt möglich, Rückschlüsse auf die Stickstofffixierung zu machen.

Zu unserem Glück jedoch besaß die Fakultät für Technik und Umweltwissenschaften der "FH OÖ Studienbetriebs GmbH" (FHWels), genauer der Studiengang "Bio- und Umwelttechnik", ein Gerät namens Dumatherm, das die absolute Stickstoffmenge in einer Probe sehr schnell und präzise messen konnte. Darüber hinaus erklärte sich die FH Wels dazu bereit, diese Analyse für uns kostenlos durchzuführen. Wir füllten also jede Woche einen Milliliter jedes Stammes in ein Epi und froren es für die spätere Analyse ein.

Der Dumatherm funktioniert nach der - wie der Name bereits andeutet - Dumas-Methode, benannt nach Jean Baptiste Dumas: „Stickstoffhaltige Proben werden durch die Verbrennung bei hohen Temperaturen und in Anwesenheit von Katalysatoren in ihre Oxide überführt (Reaktion 1). Die entstehenden Stickoxide (NOx) werden mittels Kupfer im zweiten Reaktor zu elementarem Stickstoff umgewandelt (reduziert). Die Nebenprodukte Wasser und Kohlendioxid werden vollständig abgetrennt, bevor der verbleibende Stickstoff mit einem Wärmeleitfähigkeitsdetektor analysiert wird.“ (Zitiert von http://www.labworld.at/Produkte/Labo.../ Dumatherm. pdf) Weiters mikroskopierten wir

die Proben und zählten die Anzahl der Zellen pro µLiter Substrat in einer sogenannten Thoma-Zählkammer. Dabei bestimmten wir auch die Menge der Heterozysten.

Nun hatten wir uns auf die passenden Messmethoden geeinigt. Doch bevor wir mit der Vermehrung der Cyanobakterien anfangen konnten musste noch ein künstliches Habitat gebaut werden. Um einheitliche Bedingungen zu erhalten dunkelten wir einen Raum komplett ab, bauten ein Regal auf und montierten Tageslichtlampen (Spektralverteilung 965, Osram bzw Phillips). Zur Simulation des normalen Lichtrhythmus eines Tages verwendeten wir Zeitschaltuhren. Um die durch Unterschiede bei

Temperatur und Lichtintensität entstehenden Veränderungen zu dokumentieren, maßen wir diese Faktoren bei jeder Wachstumsbestimmung. Das Licht wurde mit zwei Messgeräten in den zwei Einheiten Lux und Mikromol Photonen pro Quadratmeter und pro Sekunde gemessen. Das Luxmeter LX-1108 von der Firma Voltcraft bzw. das proffessionelle Light-Meter LI-250A mit Sensor LI-190SA der Firma LO-COR. Außerdem wurde auf drei unterschiedlichen Höhen der Zellkulturflaschen gemessen. Bereits bei unseren ersten Lichtintensitätsmessungen bemerkten wir, dass zu wenig Licht von den Lampen ausgestrahlt wurde. Um die Lichtintensität zu erhöhen montierten wir Spiegel an der Rückseite des Regals. Wir peilten eine Temperatur von 25-30°C an.

Wir machten von jedem Stamm eine Sicherungskultur, die wir in einem Schrank mit wenig Licht aufbewahrten. Aus diesen Kulturen wurde nur einmal Material entnommen, um Stammkulturen anzulegen. Zu beachten war, dass es bei Bakterien vier Wachstumsphasen gibt:

1.    Die Lag-Phase. In dieser Phase passen sich die Bakterien an das Substrat an und bilden Enzyme und andere Stoffe, um die Nährstoffe nutzen zu können.

2.    Die Log-Phase. Die Bakterien haben sich optimal an das Substrat gewöhnt, es beginnt das exponentielle Wachstum.

3.    Die Stationäre-Phase. Die Zahl der sterbenden Zellen ist in dieser Phase gleich der der neu gebildeten Zellen.

4.    Die Sterbephase. Die Zellen sterben ab, weil keine Nährstoffe mehr vorhanden sind, kein Licht zur Verfügung steht oder die Konzentration der Stoffwechsel-Endprodukte im Medium zu hoch wird.

Damit wir unsere Versuchsreihen immer in der Log-Phase starten konnten, erstellten wir aus den Stammkulturen Vorkulturen auf 300ml Nährmedium. Nun stellten wir die Vorkulturen unter die Tageslichtlampen ins Regal und ließen die Bakterien wachsen. Erreichten sie einen Extinktionswert von 0,1 verdünnten wir sie auf einen Liter. Diesen teilten wir auf vier Kulturflaschen auf, damit die Bakterien möglichst viel Licht zum Wachsen zur Verfügung hatten. Das waren dann unsere Versuchsreihen. Jede von den Flaschen wurde beschriftet und bekam einen stammspezifischen Aufkleber. Von jedem Stamm gab es also vier Kulturflaschen. Diese mussten jeden Tag geschüttelt werden, um Plaquebildung an den Wänden zu vermeiden. Plaque hätte das Licht nicht durchgelassen. Jeden Montag machten wir eine photometrische Messung. Jeden Donnerstag machten wir zusätzlich zu einer photometrischen Messung eine Trockenmassebestimmung und froren außerdem einen Milliliter von jedem Stamm für die spätere Stickstoffbestimmung ein. An beiden Tagen wurden Temperatur und Lichtintensität gemessen und im Laborbuch vermerkt.

Im Laufe der ersten Messreihe bemerkten wir, dass wir alle zwar das Licht auf drei verschiedenen Höhen der Zellkulturflasche maßen, diese Höhen aber nicht genau definiert hatten. Somit maß jeder die Lichtintensität etwas anders. Dieses Problem war jedoch schnell gelöst: wir verwendeten einfach die Verpackungen von zwei Zeitschaltuhren als Unterlage, um die Höhen für den Sensor festzulegen. Leider unterlief uns auch ein technischer Fehler. Wir schlossen versehentlich nur die Tageslichtlampen einer einzigen Regal-Etage an die Zeitschaltuhr an, so dass die anderen ohne Unterbrechung Tag und Nacht liefen. All diese Mängel wurden in der 2. Messreihe behoben.

4 Stämme zeichneten sich als Favoriten ab, hatten jedoch eine zu geringe Trockenmasseproduktion. Unsere Betreuerin Johanna Schmidt vom Institut für Limnologie gab uns den Tipp, die Lichtintensität auf ca. 200 Mikromol Photonen pro Quadratmeter und pro Sekunde zu erhöhen. Wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt eine ziemlich geringe Lichtintensität von nur 12-40 Mikromol/m2/s im Regal. Um diesen (hohen) Wert zu erreichen, verdreifachten wir die Anzahl der Lampen in einer Etage und umhüllten diese mit Spiegelfolie, so dass ein Lichttunnel entstand. So erreichten wir zwar leicht die 200 Mikromol/m2/s, dafür trat ein neues Problem auf: Die Lampen erhitzten sich zu sehr und die Temperatur im Tunnel stieg auf über 35°C an. Dazu war anzunehmen, dass zu junge (und damit weniger dichte) Kulturen durch das viele Licht gefährdet waren. Bei älteren Kulturen dringt durch die höhere Zellendichte ja grundsätzlich weniger Licht durch. Ersteres Problem lösten wir, indem wir die Lampen weiter auseinanderrückten und einen Ventilator an die offene Seite stellten. Somit entstand ein Luftzug, der die Flaschen kühlte und die Temperatur sank wieder auf ca 28 °C. Um die Kulturen auf die große Lichtstärke vorzubereiten stellten wir sie zuerst in eine Etage des Regals, in der nur eine Lampe aktiv war. Erst nach ca. einer Woche gaben wir sie dann in die Lichttunnel.

Weiters beschlossen wir, das Licht nur mehr in MikroMol/m2/s zu messen, weil der Lux-Wert keine Aussagekraft für uns hatte. Die Einheit Lux ist nur für Gebäude geeignet, um die Helligkeit bezogen auf das Lichtempfinden des Menschen zu messen, ist aber für wissenschaftliche Zwecke zu ungenau.  Die deutlichen Schwankungen der Werte im Vergleich zu den Werten des professionellen Geräts haben uns dies auch gezeigt.

Quellen:
http://www.labworld.at/Produkte/Labo.../Dumatherm.pdf
http://flexikon.doccheck.com/Wachstu...akterienkultur