Zusammenfassung

Synthetische Biologie (kurz: SynBio) ist ein neues, aufstrebendes Forschungsgebiet, dem sich weltweit immer mehr WissenschaftlerInnen widmen. Es beschäftigt sich mit der Herstellung von Genen und Proteinen, die als synthetische Produkte maßgeschneiderte Eigenschaften haben können.

Die Synthetische Biologie verspricht, unsere Alltagswelt auf ähnliche Weise zu verändern wie es die Synthetische Chemie ein Jahrhundert zuvor getan hat. So selbstverständlich heute künstliche Produkte der chemischen Industrie, wie  z.B. Kunststoffe, unser Leben in allen Bereichen (oft unbewusst) prägen, so selbstverständlich könnten in wenigen Jahrzehnten Produkte der Synthethischen Biologie Bestandteil unseres Alltags sein. Fest steht, dass früher oder später die Synthetische Biologie die klassische Gentechnik ablösen wird. Man erhofft sich vieles von der SynBio - welche der in sie gesetzten Erwartungen sie erfüllen wird, ist allerdings ungewiss.

Ein Teilgebiet der SynBio befasst sich mit dem Einbau von nicht-kanonischen (= synthetischen) Aminosäuren in Proteine. Man versucht hier gezielt, die Bedeutung bestimmter Codewörter auf der DNA (die bei allen Lebewesen gleich sind) so zu verändern, dass Anstelle von kanonischen Aminosäuren synthetische eingebaut werden. Da ein Organismus Aminosäuren dieser Art nicht selbst herstellen kann, muss man ihm diese über das Nährmedium im Fermenter anbieten. Werden die nicht-kanonischen Aminosäuren tatsächlich vom Organismus aufgenommen und zum Bau von Proteinen verwendet, entstehen sogenannte 'synthetische Eiweißmoleküle', die neuartige - mehr oder weniger nützliche - Eigenschaften haben können.

Interessant ist, dass die Natur die immergleichen 20 kanonischen Aminosäuren - selbstverständlich in unterschiedlicher Reihenfolge und Anzahl - 'verbaut', der Wissenschaft jedoch über 700 verschiedene bekannt sind. In diesem Vergleich wird deutlich,

wie viele Möglichkeiten es für ForscherInnen gibt, neue Proteine und Enzyme zu gestalten bzw. welches Potential in der Synthetischen Biologie steckt.

17 SchülerInnen der HLFS Ursprung setzten es sich zum Ziel, eine synthetische Katalase zu produzieren. Die Katalase ist ein Enzym, also ein Biokatalysator, der - für Zellen schädliches - Wasserstoffperoxid neutralisiert. Auf Anfrage der SchülerInnen bot das Max-Planck-Institut für Biochemie in München (MPI) seine Hilfe und sein Know-How an. Und tatsächlich: Zur Überraschung des Projektteams und vor allem der WissenschaftlerInnen vom MPI gelang es, im Schullabor mittels eines auxotrophen Bacillus subtilis-Stammes eine solche Katalase zu erzeugen. (Auxotroph bedeutet, der verwendete Bakterienstamm kann mehrere lebensnotwendige Aminosäuren nicht selbst herstellen und muss diese über die Nährlösung erhalten - d.h. unser Bakterienstamm würde ohne die künstliche Nährlösung nicht überleben.)

Die Massenspektrometrie am Max-Planck-Institut zeigte den Einbau der fremden Aminosäure Ethionin an mindestens sieben Stellen in der Aminosäurekette des Proteins. Es handelt sich damit um die erste synthetische Katalase weltweit! Welche neuen Eigenschaften dieses Enzym aufweist muss nun erforscht werden: Wie aktiv ist diese synthetische Katalase? Unter welchen Umgebungsbedingungen arbeitet sie? Wie gut ist sie industriell einsetzbar? Wurde die Anti-Aging-Wirkung verstärkt?

Weiters haben unsere Forschungen gezeigt, dass Bacillus subtilis sehr einfach für die Methoden der SynBio verwendet werden kann. Dies war bisher "unerforschtes Land".

Schließlich interessierte uns auch der ethische Aspekt am Thema SynBio. Wir erfuhren, dass es in Österreich in diesem Bereich noch kaum gesetzliche Regelungen gibt. Angesichts der zahlreichen Risiken, die die Synthetische Biologie neben ihren Chancen gewiss mit sich bringt, sahen wir hier dringenden Forschungs- und Aufklärungsbedarf!

Wir setzten uns deshalb zum Ziel, mit unserem Projekt auch eine öffentliche Diskussion zum Themenkomplex Synthetische Biologie auszulösen. Die breite Bevölkerung sollte angemessen über die neue Technologie informiert werden und sich eine Meinung bilden können.

Zum Auftakt dieses Vorhabens luden wir am 14. Dezember 2009 Dr. Markus Schmidt von der Organisation für Internationalen Dialog und Konfliktmanagement (IDC) in Wien und Dr. Nediljko Budisa vom Max-Planck-Institut - den "Shootingstar" der Synthetischen Biologie in Deutschland - an die HLFS Ursprung ein. Keine kritische Frage sollte unbeantwortet bleiben.

Dr. Markus Schmidt leitet das EU-Projekt "Synbiosafe", welches eine Diskussion um Ethik und Sicherheit der Synthetischen Biologie europaweit anstoßen soll. Er war von unserem Schulprojekt so begeistert, dass er uns seine Hilfe anbot beim Vorhaben, auf die nicht ausreichend gefestigte Gesetzeslage und die Schwierigkeiten der Risikoabschätzung im Zusammenhang mit der Synthetischen Biologie aufmerksam zu machen.

Alle aeroben Lebewesen brauchen Katalasen, um schädliches Wasserstoffperoxid abzubauen. Dieses entsteht beispielsweise als unerwünschtes Nebenprodukt bei der Oxidation von Fettsäuren und zerfällt in freie Radikale, die das Genom und Zellproteine schädigen. Außerdem trägt Wasserstoffperoxid zur Alterung der Zellen bei. Katalasen spalten Wasserstoffperoxid in harmlosen Luftsauerstoff (O2) und Wasser und machen es dadurch ungefährlich. Somit ist die Katalase gewissermaßen ein Anti-Aging-Enzym.